MEIN TANZRAUM  IST  GEBOREN

Es ist vollbracht!  … jubelt das Herz.

Ich bin geschafft! … stöhnt der Körper.

Ich bin in der Ruhe.  …lächelt die Seele.

 

 

Ich bin zurück aus meinem Himalaya. Ich habe das Meer durchschwommen und die Wüste durchquert. Dreizehn Wochen Ausnahmezustand. Dreizehn Wochen Leben am Limit. Fitnessstudio non Stopp von 6 bis 21 Uhr -  sieben Tage die Woche: klettern, stemmen, heben, beugen, recken, drücken, balancieren, kriechen, rennen, steigen, schieben, zerren und ziehen…  Die Punktfundamente sind ausgehoben und betoniert, zwei MauerGiebelwände eingerissen, 1500 Dachziegel abgedeckt und wieder eingedeckt, 150m² Keilstülpschalung für die Außenwände ,Laibungsbretter für 15 Fenster,  220 laufende Meter Latten als Unterkonstruktion, 120 m² 3SchichtFichtePlatten für die Wandverkleidung innen, 90m² Hölzer für die Deckenverkleidung und 150 laufende Meter LärcheRiffelbohlen, 280 laufende Meter Lagerhölzer als Fußbodenunterkonstruktion und 70m² Massivholzdiele sind  vermessen, zugeschnitten und montiert, tausende von Schrauben eingedreht…Viele Hochs ausgelebt und ebenso viele Tiefs überlebt. Und als treue Begleiterin der Traum vom hemmungslosen Ausschlafen. Aber dennoch bin ich zum ersten Mal richtig wach!

 

MEIN TANZRAUM IST GEBOREN

 

Ein Raum aus Bäumen in den Bäumen: Apfelbaum und Walnuss begleiten dich zum Eingang – Fichte, Lärche und Seekiefer bieten dir den Raum.

 

Nach wochenlangem täglichen Geschicklichkeits-, Fitness- und Krafttraining bin ich nun vier Kilo leichter und um viele Erfahrungen schwerer. Vor allem habe ich Geduld gelernt. Geduld beim immer gleichen Tun, zwei Wochen lang nur Schalungsbretter vermessen, zuschneiden und anschrauben, und noch ein Brett und noch ein Brett – um dann mitzuerleben, wie dieses scheinbar belanglose Tun ein wundervolles Gebäude entstehen lässt. Mein Tanzraum und ich sind zusammen gewachsen – und wir sind zusammengewachsen.  Ein Schritt nach dem anderen, Schritt für Schritt, Brett für Brett, in stetiger Wiederholung wie ein Mantra, das dich die Geduld lehren will. Und den Blick für das scheinbar Belanglose. Geduld auch mit mir beim Lösen immer neuer Überraschungsprobleme und Widrigkeiten: Die Schraube bricht ab, sie frisst sich fest, der Bit macht sich selbstständig, die Kontakte streiken, die Kappsäge schneidet urplötzlich nicht mehr im rechten Winkel, das Brett hat einen Buckel, das nächste ist gedreht, das enge und verwinkelte Baugerüst tritt dir unvermutet ins Kreuz oder schlägt dir auf den Kopf, der Magen dreht durch beim Anblick der zweigeschossigen Tiefe unter dir, das exakt zugeschnittene Brett hat die falsche Laufrichtung des Holzmusters – also das Ganze noch mal , das Brett ist zu kurz weil dein Bleistiftstrich zur Markierung zu dick war – also das Ganze noch mal, das Brett ist einen Millimeter zu lang  - also wieder runter vom Gerüst und nachgehobelt – aber nicht zu viel, sonst ist es zu kurz und dann –    na ja,  …das Ganze noch einmal …

 

… und nun bin ich dabei zu verstehen und zu begreifen und wirklich zu erfassen, dass mein Tanzraum nicht Traum, nicht Hoffnung, nicht Wunsch ist, sondern Realität. Wirklich und wahrhaftig Realität. Er ist da – de facto real und präsent: 60m² Raum zum Verwurzeln und Wachsen, insgesamt 15 FensterTüren nach allen Himmelsrichtungen des Sonnenlaufes; die Sonne geht im Tanzraum auf, sie begleitet mich und legt sich zur Ruhe.

Ein Raum zum Sein, zum Werden und Ruhen.   

 

Mein fast dreimonatiges BauKoma ist nun beendet, ich weile wieder unter den aushäusigen, ich nehme wieder Teil am Gesellschaftsleben und kommuniziere nicht nur mit handwerkenden Menschen ( Alles Männer! Mit der großen Ausnahme „meiner“ Zimmermeisterin!) Ich besorge mir wieder selbst meine Nahrung und mein Liebster muss mich nicht mehr mit warmen Mahlzeiten bei Kräften halten … und nicht mehr in jeder freien Minute den größten Hammer schwingen und das schwerste Brett schleppen. Der gewohnte Alltag schleicht sich wieder ein. Die wesentlichen Bauarbeiten sind beendet und die jetzt noch anstehenden Arbeiten können ohne Hektik nach und nach erledigt werden.  Ich bin zumindest theoretisch  wieder ansprechbar, ihr könnt mich wieder anmailen, mein Ohr ist wieder halbwegs offen für das Außen jenseits der Baustelle.

 

Das Wachs des Holzfußbodens braucht noch 3 Wochen, um nachzuhärten und auch ich brauche noch ein wenig Zeit, um wirklich zu verinnerlichen, was sich in diesen Wochen des frühen Jahres verändert hat; wahrscheinlich werde ich viele Stunden einfach nur sitzend und schauend in meinem Tanzraum sein, um mit meiner Seele zu trinken, dass dieser Raum da ist. Ein lichter, freier Raum als Symbol des Lebensraumes, in dem ich wachsen kann.

 

Und dann, ab Ende Juli darf ich Euch einladen zum sommerlichen Tanz!   Das Leben als Tanz im rechten Fluss – die schwarze Göttin der Zeit rührt den Lebensbrei: nicht zu zäh und nicht zu flüssig, immer im rechten Fließen:

 

Die Bäume laden Euch ein,

mit Kraft und Balance im rechten Fluss zu wachsen!

Seid herzlich willkommen in meinem TanzBaum!

 

  

Bärbel Martha, im hohen Juni 2007

 

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